Hidden Champions – Die Helden deiner Schulter TEIL 2
SO KANNST DU PECTORALIS MINOR UND TRAPEZIUS GLÜCKLICH MACHEN!
In Teil 1 haben wir Anatomie und Funktion dieser beiden „heimlichen Helden“ deiner Schulter näher beleuchtet. Theorie ist natürlich wichtig, die Praxis aber noch viel mehr. Daher soll es im zweiten Teil des Artikels um die Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse gehen. Hier findest du Tipps und Anregungen, wie du das Muskel-Faszien-Kontinuum von unterem Trapezius und Pectoralis minor freudig stimmst!
DEN UNTEREN TEIL DES TRAPEZ-MUSKELS KRÄFTIGEN
Die Kräftigung des unteren Teils des Trapezmuskels im Yoga liegt nicht auf der Straße – wir müssen schon bewusst danach suchen. Aber: Die Praxis bietet zahlreiche Möglichkeiten, um mit kleinen Varianten und achtsamer Bewegungsausführung ein Lächeln auf den Trapez-Muskel zu zaubern. Die Varianten der folgenden Asanas helfen dir dabei:
Muskuläre Achtsamkeit in Tadasana
Ziehe bewusst mit Ring- oder Mittelfinger in Richtung Boden nach unten. So aktivierst du den Teil des Trapezmuskels, der die Schulterblätter nach unten zieht. Baust du diese Ausrichtungsvariante in alle Tadasana Wiederholungen deiner Praxis ein, so hast du schon eine gute Portion Trapezius-Glück in der Tasche.
Verschränkte Hände
Vor allem in stehenden Positionen arbeiten wir manchmal mit verschränkten Händen hinter dem Rücken. Genau diese Übungen kannst du nutzen, um den Trapez zu kräftigen. Um dies zu tun, solltest du darauf achten, die verschränkten Hände nach UNTEN und nicht nach hinten zu ziehen.
Kaktus Pull-Downs in stehenden Positionen
Bringe deine Arme in stehenden Positionen in die „Kaktus-Stellung“ (Ellenbogen auf Höhe der Schultern und 90 Grad gebeugt, so dass die Fingerspitzen zur Decke zeigen). Von dort aus zieh die Schulterblätter zueinander (als ob du eine Cola-Dose mit den Schulterblättern zerquetschen wolltest) und nach unten (als ob du die Schulterblätter in deine Hosentasche stecken würdest). Stell dir gleichzeitig vor, du würdest dich an einer Klimmzugstange nach oben ziehen. Diese Aktivierung kannst du in verschiedensten stehenden Positionen üben – von Tadasana, über den Blitz bis hin zu Kriegervarianten.
Kobra
Auch in einer „gut ausgeführten“ Kobra wird der untere Trapez trainiert. „Gut ausgeführt“ – das heißt, die Hände initiieren einen Zug nach hinten (Richtung Hüfte), der von den Rückenmuskeln fortgeführt wird. Stell dir vor, die Schulterblätter wollen nach unten in eine imaginäre Hosentasche ziehen (ähnlich wie bei den Kaktus Pull-Downs).
Heuschrecke
Insbesondere Varianten bei denen sich die Hände neben dem Gesäß befinden, aber NICHT verschränkt werden, stärken den unteren Trapez. Das Verschränken der Hände betont eher die brustseitige Öffnung, weniger die Kräftigung der Körperrückseite.
DEN PECTORALIS MINOR ENTLASTEN
Den Pectoralis minor isoliert zu entlasten ist nicht so einfach – zum einen sitzt der große Bruder Pectoralis major direkt oben drauf und zum anderen bearbeiten wir natürlich immer das Faszien-Muskel-Kontinuum, das eine gesamte Körperregion umgibt. Dennoch macht es wie wir im ersten Teil des Artikels gesehen haben Sinn, sich den Pectoralis minor etwas genauer vorzunehmen.
Foamroller-Stretch
Liege mit der Schaumstoffrolle unter der Brustwirbelsäule auf dem Rücken (etwa auf Höhe deiner Brustwarzen). Der Hinterkopf kann auf einem Block entspannen. Lege den Arm, den du dehnen möchtest, ca. im 90 bis 130 Grad-Winkel zur Hüfte mit dem Handrücken auf dem Boden neben dich. Drücke mit den Fingernägeln in den Boden und rotiere deinen Oberkörper leicht weg vom ausgestreckten Arm, um die Dehnung zu intensivieren.
Arbeit mit Bällen
Um etwas spezifischer mit deinem Fasziengewebe zu arbeiten, kannst du z.B. mit Tennis- oder Gummibällen (es gibt mittlerweile eine unüberblickbare Auswahl an speziellen Faszien-Bällen) arbeiten. Auf diese Weise sorgst du vor allem für Hydration (also Durchfeuchtung) des Gewebes. Lege dich auf den Bauch, leg die Stirn ab und platziere zwei Bälle im Bereich des Ansatzes des Pectoralis minor (siehe erster Teil des Artikels). Leg die Hände neben deiner Hüfte ab. Schaukle nun leicht von links nach rechts und wieder zurück, um mit unterschiedlichen Drücken und immer wieder leicht veränderten Positionen dein fasziales Gewebe zu bearbeiten.
Tür-Lunge
Zugegebenermaßen haben wir in der Regel in Studio-Klassen nicht allzu viele Türen in der Yogastunde zur Verfügung – aber für die Praxis zuhause lohnt sich diese Variante allemal. Ausgangsposition ist ein Ausfallschritt, der Arm ist um die 130 Grad abduziert. Das Lehnen in den Türrahmen (o. ä.) dehnt den Muskel.
Gurt-Stretch
Im Stehen oder Sitzen den Gurt so breit fassen, dass das Überkopf-Führen des Gurtes zu einer angenehmen Dehnung in der äußeren Brustmuskulatur führt. Die Ellenbogen können dabei leicht beugen.
Wand-Stretch
Ausgangsposition: 90 Grad zur Wand stehend, die Handfläche an der Wand (Position zwischen „9 und 11 Uhr“). Zur Intensivierung kannst du den Oberkörper weiter in Richtung Raummitte rotieren, während die Schulter an der Wand bleibt.
„Reach Back“ an der Wand
Sitze mit dem Rücken zur Wand und positionere deine Hand im 90 Grad-Winkel hinter dir an der Wand.
Variante 1: Die Fingerspitzen zeigen zur Decke, die gesamte Handfläche berührt die Wand.
Variante 2: Die Fingerspitzen zeigen weg von deinem Körper, und nur die Fingerspitzen berühren die Wand.
Stretch im Liegen
Startposition ist in Bauchlage – eine Hand unter der Schulter positioniert (wie in der Kobra), der andere Arm formt einen „Kaktus-Arm“: der Ellenbogen ist 90 Grad gebeugt und etwas über der Schulter abgelegt. Drück dich nun mit der Hand unter der Schulter vom Boden weg, so dass dein Oberkörper in Richtung Kaktus-Arm rollt.
Bei allen Dehn-/Entlastungsübungen stellt sich häufig die Frage nach Dauer und Wiederholungszeit. Man könnte wohl einige Blog-Beiträge allein über dieses Thema verfassen. Pragmatischerweise schlage ich folgendes vor: Wenn du die Übungen statisch ausführst, halte für ca. 45 Sekunden. Auf der Seite, auf der du größere Restriktionen spürst (für den Pectoralis minor ist das meist die Seite unserer dominanten Hand), halte ca. 30 Sekunden länger oder wiederhole ein zweites Mal.
Solltest du keine akute Entzündung oder Verletzung im Gewebe haben, kannst du die Übungen auch dynamisch – also mit sanften wippenden Bewegungen – ausführen. Das mag dein Fasziengewebe sehr gerne.
Viel Spaß beim Üben! Habt ihr noch andere tolle Asanas und Übungen für diese Regionen? Ich freue mich, von euch zu hören!